Schon in den achtziger Jahren war Finanzminister Stoltenberg an dem Versuch, die Subventionen zu kürzen, gescheitert. Wo auch immer Stoltenberg im Europawahlkampf im Sommer 1984 als Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein auftrat, wurde er von wütenden Bauern empfangen, die ihren Protest lautstark zum Ausdruck brachten. Unter diesem Druck beugte sich Stoltenberg der Bauernlobby und wich nach seiner Amtsübernahme im Herbst 1982 zum ersten Mal deutlich von seinem Sparkurs ab. Die Bauern erbeuteten auf diese Weise über mehrere Jahre hinweg 20 Milliarden Mark an zusätzlichen Subventionen. Grundsätzlich gilt: Umso rabiater und diffamierender eine Lobby auftritt, desto größer sind ihre Chancen, sich auf Kosten der übrigen Steuerzahler und Sparer bedienen zu dürfen.
Hinter dem Versagen der Politik bei der Sanierung der Staatsfinanzen verbirgt sich allzu Menschliches. Es gibt nicht so viele Menschen, die starke emotionale Ablehnung bis hin zum Hass einfach kalt lächelnd wegstecken. Darum haben es auch Politiker verständlicherweise nicht gerne, wenn aufgebrachte Arbeitslose sie mit Eiern bewerfen, Gewerkschaftstruppen die Puppen, die mit dem eigenen Namen beschriftet sind, verbrennen und erboste Bauern Kuhmist vor das Ministerium kippen; und wer hat schon Zeitungs- und Fernsehkommentare gerne, die einen menschlich irgendwo zwischen Dagobert Duck und Dschingis Khan einordnen. Das spielt psychologisch eine genauso große Rolle wie die Angst, Stimmen zu verlieren, denn oft gehören die Protestierenden wie im Fall der Bergleute gar nicht zur Wählerschaft des verantwortlichen Politikers. Genau diese Auseinandersetzung muss eine Regierung, die den Staatshaushalt sanieren will, aber auf sich nehmen. Wer einfach nur bequem regieren und sich im Amt eine gute Zeit machen will, hat keine Chance, etwas zu bewegen.
Dieser Artikel ist eine gemeinsame Veröffentlichung des IUF und der Libertären Plattform, www.libertaere-plattform.de